



Gemeindehaus und Freiraumgestaltung Dorfkern Lindau
Projektwettbewerb im offenen Verfahren in Zusammenarbeit mit Haag Landschaftsarchitektur, 2022
Das Gemeindehaus steht an der Tagelswangerstrasse und bildet dort mit dem Zugang zur Schalterhalle seine Hauptfassade aus. Es ist auf drei Geschossen organisiert und beinhaltet sämtliche Räume der Gemeindeverwaltung. Gegen den Hang gebaut besitzt es rückseitig im Geschoss darüber ein zweites Erdgeschoss und bildet über den Vorplatz ein Vis-à-Vis mit dem Nebengebäude. In diesem sind die Drittnutzungen untergebracht. In den Obergeschossen wird eine Wohnnutzung vorgeschlagen, im Erdgeschoss der Mehrzwecksaal und ein Gewerberaum. Zusammen mit dem gegenüberliegenden Personalraum wird so der Aussenraum aktiviert und kann für Feste und diverse andere Anlässe genutzt werden. Der Zugang auf zwei Ebenen und die Teilung der Nutzung ermöglichen aber gleichzeitig eine Entflechtung der Besucherströme und eine Einhaltung der Sicherheitsanforderungen. Die Wohnnutzung im Nebengebäude ist ein Vorschlag zur Optimierung der Mieteinnahmen und zur Charakterstärkung des Dorfkernes mit dieser Mischnutzung. Die flexible Struktur des Gebäudes erlaubt allerdings auch eine alternative Gewerbenutzung der Obergeschosse und eine Anpassung in der weiteren Projektentwicklung.
Die beiden Häuser nehmen die Massstäblichkeit und Typologie des Kontextes auf. Sie sind als Duett gedacht, ergänzen sich und sind durch feine Differenzierungen und ihre Farbigkeit dennoch klar unterscheidbar. Sie sind präzise gesetzt und klar adressiert. In ihrem Inneren sind sie durch ihre einfache Organisation jedoch flexibel Strukturen, die sich im weiteren Prozess und selbst noch nach Fertigstellung an Anforderungsänderungen anpassen lassen.
Mit dem neuen Gemeindehaus soll der Dorfkern von Lindau sorgfältig ergänzt und der öffentliche Raum mit Kirche, Pfarrhaus und altem Schulhaus stärker zusammengebunden werden. Der Strassenraum soll sich besser ins Ortsbild integrieren und attraktive Aufenthaltsorte erhalten.
Der ehemalige Weiler und heutige Dorfkern von Lindau gliedert sich in drei Bereiche. Dem Oberdorf zwischen Kirche, Pfarrhaus und heutigem alten Schulhaus, dem Hinterdorf und dem Usserdorf mit den Ackerbauernhäuser, die sich entlang der Hinter- und Neuhofstrasse entwickelt haben. Als Zentrum wird heute der von Linden gesäumte Parkplatz des Restaurant Rössli wahrgenommen.
Ausgehend von den vorhandenen Gebäude- und Freiraumtypologien reiht sich das Gemeindehaus in die Häuserkette entlang der Neuhof- und Tagelswangerstrasse ein. Damit wird das Vokabular der strassenbegleitenden Vorplätze und Vorgärten der Ackerbauernhäuser weitergeführt und mit dem rückwärtigen Garten mit Nebengebäude in das Gefüge im Oberdorf eingegliedert. Im Zentrum des Dorfkerns, zwischen Neuhof-, Lätten- und Hinterdorfstrasse wird ein Dorfplatz mit Wasserspiel und Aufenthaltsmöglichkeiten vorgeschlagen. Er schafft einen Schwerpunkt im ausgedehnten Zentrum und stärkt die Blickbeziehungen unter den sternförmig einfallenden Strassen. Sämtliche Fussgängerflächen im Strassenraum des Dorfkerns sollen mit einer Natursteinpflästerung versehen werden, sich damit von den Fahrbahnflächen abheben und gleichzeitig stärker mit den Vorzonen der angrenzenden Gebäude verbinden.
Die geforderten 15 Kurzzeitparkplätze werden weiterhin auf der Parzelle 864 angeboten. Dieser Platz soll in die Gestaltung des Dorfkerns einbezogen werden und ein zusätzliches Aufenthalts- und Spielangebot mit mobilen, modularen Elementen bieten, so dass er für Feste, Märkte oder Open Air Kino freigespielt werden kann. Der Entwurf wird geleitet vom spielerischen Umgang mit dem Vorge-fundenen und dem Anspruch, zeitgenössische Gebäude mit einem minimierten Anteil Grauer Energie zu erstellen. Die für das Dorf charakteristischen Mischfassaden aus Putz und Holz, zusammen mit den ausdrucksstarken Dächern und den Gauben werden aufgenommen und auf heutige Bauweisen adaptiert. Die Gebäude gliedern sich ein und werden zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Dorfensembles, ohne ihr modernes Wesen zu leugen.
Beide Häuser weisen eine klassische, dreiteilige Gliederung auf. Der Sockel aus Sichtbeton wird beim Gemeindehaus teilweise gestockt und tritt an der Front als nobilitierte Erdgeschossfassade in Erscheinung. Im Herzen sind die Gebäude aber aus Holz gebaut, was in den Geschossen darüber sichtbar wird. Die Fassaden aus sägerohen Holzschalung wird mit zwei Schichten Schlammfarbe gestrichen, was die Oberfläche homogenisiert und abstrahiert. Aus der Ferne wirken sie massiv, beinahe wie eine Putzfassade, aus der Nähe wird ihre Leichtigkeit und die Natürlichkeit des Materials erkennbar. Die Dächer erhalten eine klassische Deckung mit Dachziegeln, die sich im Bereich der Gauben aufwinden und die Aufbauten so gestalterisch betonen. Die Deckung der Gauben geschieht mit eingefärbten PV-Module, die sich als spezielles Element so in die Dachlandschaft einfügen und vom Strassenniveau aus betrachtet wenig in Erscheinung treten.
Die Grundrisse des Gemeindehauses sind durch einen zentralen Korridor mit beidseitigen Raumschichten organisiert. Durch das regelmässige Fassadenraster und die auf Flexibilität ausgelegte Tragstruktur können Räumlichkeiten jederzeit umgebaut und angepasst werden. Verglasungen an den Türen und in den Wänden stellen Sichtbezüge zwischen den einzelnen Räumen her. Der Korridor erfährt an seinen beiden Enden jeweils eine Aufweitung zu einer Raumnische, um die die verschiedenen Abteilungen angeordnet werden. Sie können als zusätzlicher Arbeitsraum, zum Aufenthalt und für informelle Besprechungen genutzt werden. Zusammen mit dem Personalraum, und der Aussenterrasse entstehen so zeitgemässe Arbeitsplätze, bei denen die Arbeit nicht mehr nur an den Büroplatz fixiert ist.